Tagebuch vor dem 

 

Entscheidenden

 

 

Eingriff

Wir schreiben den 27.11. 2017. Es ist der 103. Tag, vor dem alles entscheidenen Eingriff, und der 7 Tag, vor der Erkenntnis, ob dies, was man mir mit der Operation am Hals, entnahm, bösartig oder doch gutartig ist. 

Das Wetter an diesem Tag, nun am frühen Morgen schien die Sonne, jetzt jedoch hat es sich zugezogen, der Himmel 

ist Wolken verhangen und mir ist auf einmal nicht mehr klar, was ich mit diesen Tag anfangen soll. Eben noch war ich am überlegen, ob es nicht mal wieder an der Zeit wäre, mit Hilfe, erotischer Filme aus dem Internet, zu einem Orgasmus zu gelangen. Dann so dachte ich darüber nach, wie es wäre, wenn man anfangen würde Tagebuch zuführen, über die Zeit, welchen einem noch bleibt, bis es zum endgültigen und entscheidenen Eingriff, zur Aufbereitung oder Revision der plastischen Neovagina. Auch denke ich daran, diese Gedanken auf meiner Homepages und auf Face Book zuteilen.

Zum jetzigen Zeitpunkt, kann von mir noch nicht einmal genau gesagt werden, welches Ereignis von mir mehr entgegen gefiebert wird, dass nächste, welche mir die Gewissheit bringt, ob ich an Krebs erkrankt bin, oder die bevorstehende plastische Operation. Gestern, es war ein Sonntag, konnte ich einen schönen Spaziergang durch den winterlichen Schwarzwald unternehmen. Es war am Vormittag und ich dabei viel Freude. Jeder Jahreszeit, so meine ich, hat ihre guten Seiten. Vor allem ist der Frühling für mich noch die schönste Jahres Zeit. Noch schmerzt mir auf der rechten Seite das Ohr, auf welcher ich am 21.11. eine Entfernung der Ohrspeicheldrüse über mich ergehen lassen musste. Dann nach langem Überlegungen, wie sehr diese Entscheidung von  mir,  welche mir  meinUrologe, am Tag der stationären Aufnahme in der HNO der Uni.-Fr. mitgeteilt wurde, herbei gesehnt wurden ist, entschied ich mich dann doch in einen erotischen Film aus dem Internet, bis zum Höhepunkt hineinzusteigern. Es waren nur Sekunden, welchen ich dafür benötigte, es ist eine Ersatzbefriedigung, nicht mehr, welche von mir in langen zeitlichen Abständen und nur sehr sporadisch getätigt werden. Es hat im entferntesten nichts mit Liebe oder Lust zutun, man tut es einfach, um sich zu vergewissern ob es noch geht. Der Preis, der körperlichen Liebe, welche man dann nicht mehr in der Lage ist auszuüben ist wohl eines der Entbehrungen welche man zu meistern hat, wenn man diesen Weg der Angleichung geht. Ob dies mit der dritten Operation besser wird, kann man wohl nur sagen, wenn diese dann einmal vollzogen und alles verheilt ist. 

Mit absoluten Willen, zog ich mich an, um dann mit meinem Roller zur Aare und dann zu meiner Frau, ihrer Arbeit zu rollern. Es war kalt sehr kalt, keiner würde es wohl für möglich halten, dass ich vor 14 Tagen, noch einmal im Bielersee geschwommen bin. Jetzt ist bereits schon wieder Abend, meine Gedankten schleifen meinen Geist weiterhin und unaufhörlich ab. Ja das wäre was nächstes Jahr im August, nach Neuseeland. Die kleinste Kleinigkeit, welche von mir in dieser Hinsicht noch erledigt werden muss, ich muss mir ein Reisepass zu legen. Überlegen wir mal: Eines Sache ist bereits überstanden, dass selbe geschieht noch einmal auf der anderen Seite. Dann kommt die Brust-Op und weil es so schön war, alle Dinge ja bekanntlich aus drei bestehen, kommt noch eine weitere dritte angleichende plastische Operation.

Das Datum steht bereits fest. Am 19.02. ist die Voruntersuchung zusammen mit meinem Urologen und einen Spezialisten und am 09. März wäre dann die eigentliche Operation. Das muss es dann aber noch immer nicht gewesen sein, es könnte dann auch noch eine 4 Operation folgen. Weiterhin muss bedacht werden, dass nur wenn der Befund des aus meinem Hals entnommen Gewebes, ein negatives Ergebnis hervor bringt, kann man bis Weihnachten mit einer besinnlichen Adventszeit rechen. Ansonsten könnte sofort Chemo oder Bestrahlung folgen, wenn diese Behandlung durch mich bewilligt wird. Dieses entscheidet am sich am 04.12. Als ich heute unterwegs war, muss ich schon sagen, dass ich mich ziemlich schwach und irgendwie unausgeglichen gefühlt habe. Wie geschrieben, nur ein ungebrochener Wille, hinaus zugehen, bewahrt mich davor, eine Verzweiflungstat an meinem Körper zu vollziehen. Alles ist gut, könnte man meinen, ja und wirklich, scheinbar ist auch alles gut, sämtliche Weichen, welche durch mich für mein Leben gestellt werden konnten, wurden gestellt auch die Weichen, für die Reise nach Neuseeland. Die Frage, welche mich mein Gewissen stellte: Madeleine, willst Du dies überhaupt noch alles, was du dort ein gerührt hast? Meine Antwort darauf ist diese, man würde sich darauf einlassen, wenn die physische und vor allem die psychische Kraft dafür noch ausreicht. 

 

Der 103. Tag vor dem 9. März, dem Tag der alles entscheidenen Operation neigt sich dem Ende, ich bin schon sehr gespannt was der morgige Tag bringt. 

28.11.17 Noch 102 Tag bis zur Operation. 

 

Bin mir nicht ganz sicher was ich mit diesen Tag anfangen soll, am frühen Morgen so gegen halb acht Uhr, bin ich zur Toilette. Der Himmel Richtung Osten, war glutrot eingefärbt, vom Licht der aufgehenden Sonne. Stark bin ich beim überlegen, was kann ich nur mit diesen Tag anstellen. Irgendwie will mir nichts einfallen. Meine Überlegungen, was die Biopsie des aus meinem Hals entnommenen Gewebes angeht, gehen in die Richtung, dass der Befund für mich eine gute Nachricht bringen wird. Es kann gar nicht anders sein, es war schon immer so und wird auch diesmal nicht anders sein. Es ist schon merkwürdig, wie schnell es mir gelingt, 1000 Worte auf das Papier zubringen. Und genau genommen, viel neues erfahre ich, wenn ich einen Aufenthalt in der Klinik habe, viele neue andere Charaktere lerne ich kennen, die auf der einen oder anderen Art weit aus chaotischerer Natur sind, als es meine überhaupt sein kann. Chaotisch finde ich zum Beispiel, dass ich dreimal das Krankenzimmer gewechselt habe, innerhalb von nur 24 Stunden. Die Frau, mit welcher ich mich dann auf dem Zimmer befand, eine Frau im mittleren Alter, kümmerte sich beherzt um sozial abgehängte Menschen, bekommt aber irgend wie, so hatte ich den Eindruck, ihr eigenes Leben, nicht richtig auf die Reihe. Dabei lies ich mich geschickt auf dieses weitmaschige Niveau herab, um nicht den Eindruck zu erwecken, ich sei etwas besseres, was ich nun weiss Gott nicht bin. Ich darf mich nur besser fühlen, weil ich mich in einem aus meiner Familie und Freunden,  bestehenden engmaschigen sozialen Netzwerk befinde.

 

Dann endlich wurde von mir  mein Handy -vertrag  Heute endgültig gekündigt. Nichts aber auch gar nichts hätte mich davon abhalten können.

Diese Geschäftsmodelle der einzelnen Telefonen- Anbieter, basieren auf Knebelverträge .

 

Ob man es glaubt oder nicht, aber es ist schon wieder Abend und ich fühle mich so unausgeglichen, wie noch nie, ich möchte am liebsten aus der Haut fahren. Woran es liegt? Keine Ahnung, heute war ich dass erste mal nicht vor die Tür gegangen, ob dies der Grund ist, meiner Unausgeglichenheit, ich weiss es nicht. Verzweifelt suchte ich nach einer Rasierklinge, fand aber zum Glück keine, als es mir einfiel, wo ich noch eine versteckt habe, wollte ich mich nicht mehr verletzen, hebe mir dies für Morgen auf. Ich gehe wirklich davon aus, dass es gutartig ist, dieses Gewebe, trotzdem befällt mir eine große Angst, mit dem Gedanken,  mich am Sonntag allein ins Auto zusetzen, um dann von hier (Schweiz), zu mir in den Schwarzwald und dann am nächsten Tag nach Freiburg zufahren. Es ist die Angst nicht anzukommen, oder wenn dass Ergebnis doch nicht so sein sollte, wie es von mir erwartet wird, ich ganz tief falle, meine Depressionen sind zur Zeit in einem nie da gewesenen  Tief, keiner ist dann da, welche(r) mich auffangen könnte. Dann werden von mir wieder sämtliche Register gezogen werden müssen. Keiner wird  auch nur im geringsten eine Vorstellung davon besitzen, auf welchen scharfen schmalen Grat man sich befindet. Genau zu diesem Zeitpunkt, wenn es eigentlich offensichtlich ist, dass es genau jetzt geschehen kann, weil man eine Diagnose erhalten hat, welche man eigentlich selbst für unmöglich   hielt, genau dann, wird es wohl passieren. Dann genau dann, sollten wir uns nichts vor machen, wäre alles was danach eigentlich noch kommen soll, mehr als nur in Frage gestellt, es wäre zum scheitern verurteilt. Es ist doch ein Treppenwitz des Lebens, dass genau zu diesem Zeitpunkt, wenn Hilfe, welche zum überleben dringend benötigt wird, nicht vorhanden ist. Dabei wäre es das einfachste auf der Welt. Jetzt genau jetzt müsste mal jemand anrufen, guten Tag Frau Rätzel, wir haben ein Bett für sie?! Ja und dann ist jemand da, der falls der Befund allen Entgegnungen meiner eigentlichen Gedanken, doch positiv ausfallen, mit mir spricht, wie es weitergeht. Nein! Genau dann, ist mal wieder niemand an meiner Seite. Dabei wissen viele Bescheid, wissen wie tief man sich im Sumpf der Depression befindet. 

 

Glaubt eigentlich jemand an einem Leben nach dem Tod? Ich ja, dies hat sein Grund: Schauen wir uns diese Linie an:- ————+, links das Minuszeichen und rechts das Pluszeichen! Um wieviel könnte man nun beide Enden verlängern, theoretisch? Richtig ins unendliche! Es gibt als in Wirklichkeit, kein Anfang und kein Ende. Mit anderen Worten, ist es, wenn man es aus der Richtung, des Minuszeichen betrachtet, eigentlich unmöglich, dass es uns überhaupt gibt. Aber es gibt uns und alles was uns umgibt. Sehen wir jetzt in die Richtung des Pluszeichens, dann werden wir auf dieser Strecke in Richtung Zukunft von dieser Welt gehen. Und es ist unmöglich, dass es uns noch einmal geben wird. Genauso unmöglich, dass es uns aus der Sicht der Vergangenheit, die ja genauso unendlich scheint wie die Zukunft, überhaupt geben hat, noch einmal gibt. Und genau daran glaube ich, ich an die Unmöglichkeit, welche die Möglichkeit voraussetzt, dass es mich wieder gibt. Ob wir nun auf dieser Erde oder auf einen völlig andersartigen Planeten zu einer ganz anderen Zeit, das Licht der Welt erblicken sei mal dahingestellt. Nur eines müssen beachten, wir bestehen alle aus Atome, die sich dann eventuell, anders zusammen setzen. Unser Aussehen wird ein anderes sein, alles könnte dann anders sein. 

 

Inzwischen ist der 101. vor dem geplanten grossen Eingriff angebrochen, es ist 2.25 Uhr am frühen Morgen und es fällt mir sehr schwer zu schlafen. Dabei wird von mir versucht, meine Gedanken, von dem was mich eigentlich umtreibt, abzulenken. Irgendwie in eine ganz andere Richtung, in eine philosophische Richtung. Was ist eigentlich Zeit? Die Zeit wurde von mir von jeher als vierte Dimension angesehen, ohne dass jemals von mir im Buch oder sonst wo, gelesen wurde. Es gibt daher für mich, kein dreidimensionales Koordinatensystem, sondern nur ein vierdimensionales. Dies wird bei allem was man tut gern unterschlagen, dabei ist es doch gerade die Zeit, auf die es am meisten ankommt, wenn man irgendwo etwas tut. Aber verdammt nochmal, was ist Zeit? Und wenn die Lebewesen über eine innere Uhr verfügen, warum fällt es mir dann so schwer, ein Anfang und ein Ende zu akzeptieren? Gibt es überhaupt einen Anfang, nach mein Überlegungen nicht. Weil man es sich nicht so einfach machen, sich sagen, was vor dem Urknall war, wäre eine unsinnige Frage, nur weil man sich diese absolut nicht beantworten kann. Man schmeisst zwar mit Summen herum, die jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegen, aber auf die. Frage was vor 10 Billionen Jahren gewesen ist, will man als Unsinn ab tun? Na gut, will jetzt mal versuchen die Augen zu schliessen. 

 

Und Tatsache, es ist mir doch gelungen ein paar Stunden zu schlafen. Der Schlaf war wie immer gespickt, mit Alpträumen aller Art. Als ich am Morden wach wurde, fühlte ich mich sehr schlecht.

Hatte mir vorgenommen den ganzen Tag nichts zu essen, dacht mir aber ein Frühstück als einzige Mahlzeit am Tag kann nicht schaden, danach fühlte ich mich gleich noch einwenig mieser. Dann änderte ich ein Termin in der Frauenklinik ab und bereitete den mich behandeln HNO- Arzt mit einen Termin darauf vor, dass er mir am Montag die Fäden ziehen müsse, welche die Op übrig liess. Na ja, erbaut wird er nicht gerade sein, aber was soll es? Früher ist man bis zum Fäden ziehen in stationäre Behandlung gewesen, heute ist es allen scheinbar egal, wie man dies meistert, auch wenn es einen nicht so gut geht und man eine weite Strecke zurück lagen muss. 

Auch wenn ich nach aussen hin, die Überzeugung äußerer, die Biopsie wird auf jeden Fall negativ ausfallen, ganz tief im inneren bin ich mir dort nicht sicher. Obwohl ich ein Mail, an meine psychiatrische Ärztin und an den Oberarzt der psychiatrischen Klinik der Uniklinik-Fr. Geschrieben habe, wie ernst die Lage ist un dass dies mir doch ein kurzes Feedback geben sollten, wenn diese dieses Mail gelesen haben, warte ich auf dieses Feedback noch. Nun gut, noch ist es früh bei Tage und da ich mich in der Schweiz aufhalte, könnte es diese Leute nicht unbedingt als zwingend ansehen mich mit einem Feedback wenigstens im entferntesten zur Seite zustehen. Meine Ahnung geht in die Richtung, dass erst, wenn etwas furchtbar schlimmes passiert ist, erst die Personen begreifen können welche man als Patientin ins Vertrauen bezogen hat, wie Ernst es um ihr oder ihm gestanden haben muss. Natürlich versuche ich im großen und ganzen, andere unbeteiligte aus meiner Misere herauszuhalten, aus diesem Grund habe ich Heute auf die Autofahrt in den Schwarzwald verzichtet um Morgen meinen Termin in der Frauenklinik wahrzunehmen. Aber irgendwann geht es nicht mehr, da muss man der Wahrheit ins Auge blicken und dies ist am 04. Dez. der Fall. Dann entscheidet sich nicht nur, ob die Biopsie, des aus meinem Hals entnommenen Gewebes gut oder bösartiger Natur ist, nein dies ist auch Folgenreich, für alles was eigentlich danach noch kommen sollte. Mit dieser Biopsie zeigt sich dann auch,  in wie weit sich dieser beschwerliche Weg überhaupt gelohnt hat. Verdorren die Früchte, die man erhofft hat zu ernten, wenn dieser Weg einmal vollends gegangen ist, bereits unreif am Baum? War alles was man durchgestanden hat, bis hier her umsonst? 

Es ist keine Strategie von mir, das es mich nach München zu jener plastischen und chirurgischen Klinik gezogen hat. Mehr sollte man es in Freiburg, der Uniklinik, als Hilferuf auffassen, falls man mich dort nicht mehr weiter behandelt oder sagen wir es mal andersherum, den von einer nicht Weiterbehandlung kann kaum die Rede sein, sondern wenn es nicht so getan wird, wie es meinen Vorstellungen und Wünschen entspricht, wofür man solange gekämpft hat. Nur erzwingen kann man nichts, weder in München noch in Freiburg und genau aus diesem Grund, wurde von mir ein zweites Feuer entzündet.   




Auf diesen Felsen, habe sich schon viele Menschen entschlossen, ihr Leben ein Ende zusetzen, in dem diese von dort oben, 60 - 100 m in die Tiefe gesprungen sind. Auch zahlreiche Unglücke überschatten diesen Felsen im Juragebirge.  

Mein Familie, mein größtes Glück, dieses Bild ist auch schon wieder einige Jahre her, als es aufgenommen wurde. Oft denke ich wehmütig an die Zeit zurück, weil durch meine psychische Erkrankung schon damals viel verkehr gemacht wurde. Oft muss ich deswegen weinen, aber um so schöner ist es Jetzt. Ich froh und Stolz.